die Kurzgeschichte „Fräulein Michael geht aus“ hat den Literaturpreis der schwulen Buchläden 2002 gewonnen
Malediva: Tetta Müller & Lo Malinke zur Nominierung des Textes:
Unser aller Mütter sind Konzertpianistinnen, die der Knochenkrebs allzu früh hinwegrafft. Unsere Väter sind Chemiker, der der Tod der Ehefrau in den Wahnsinn treibt. Oder sie sind Meeresbiologen, verschollen in der grünen Hölle des Amazonasgebietes…
Wir alle wachsen bei Tanten auf.
Wir spielen Klavier, natürlich. Im Alter von dreizehn Jahren gewinnen wir den Schubert-Preis. Wir arbeiten als Apotheken-Gehilfen und Polizei-Psychologen. Wir sind mittelgesund, mittelgroß, mittelschlank. Mit lockigem Haar von fast perfektem Schwarz und wunderwarmen braunen Augen. Wir sind musikulös und traumbraun…
Wenn jetzt ein altkluger Leser glaubt, wir hätten eine ironische Distanz zu unserem Lieblingstext, müssen wir ihn enttäuschen. Wir mögen den dusseligen Michael und gönnen ihm seinen Polizisten. So einen wie Alexander hätten wir alle verdient. Und als Rojko starb, haben wir gesungen: Hurra, hurra, die Hexe ist tot! Das war ein schönes Lese-Erlebniss. Wir haben uns sehr gefreut.“
- MännerschwarmSkript-Verlag Hamburg, ISBN 978-3935596190, Taschenbuch 9,90€
Presse
Tagesspiegel Berlin v. 25.3.2002: „Jenseits des Klischees von Liebe und Selbstfindung“, Lars von Törne
In der Geschichte von Holger Siemann gibt es weder eine Gaby, noch einen Doktoranden, und Sex und Rotwein spielen höchstens Nebenrollen. Dafür hat der Berliner Autor mit seinem Prosadebüt „Fräulein Michael geht aus“ eine flotte Großstadtgeschichte um Liebe, Selbstfindung und einen Mord vorgelegt, die witzig, makaber und gut erzählt ist. Und die den Juroren der schwulen Buchläden am besten gefiel: Am Ende des von Matthias Frings charmant moderierten Abends verliehen sie Siemann ihren Literaturpreis. … Wie beim Siegertext „Fräulein Michael“ ist Homosexualität bei Siemann nie das zentrale Thema. „Zwar sind in der Regel schwule Charaktere dabei, aber die haben meist die gleichen Probleme wie Heteros auch“, sagt der Autor mit den halblangen braunen Locken im Gespräch. Siemann, dessen Vorbilder Elfriede Jelinek und Arno Schmidt sind, sieht sich nicht in erster Linie als Vermittler einer schwulen Botschaft, als Teil der politischen Schwulenbewegung. Er will schlicht gute, unterhaltsame Literatur bieten. Und dazu gehört es eben, „schwule Figuren in möglichst großer Normalität zu beschreiben.“ Und wenn seine Hauptfigur Michael vom Vater verprügelt wird, weil er ein Kleid trägt – „dann nicht, weil er schwul ist, sondern weil es das Brautkleid der toten Mutter ist“.
„sicher eines der besten Bücher, die momentan zu haben sind.“ Paul Schulz in Du & Ich
Zauberhut Münster, 9/2003 „Es gibt also eine deutsche schwule Literaturszene, die sich durchaus mit der amerikanischen messen kann – und das, obwohl sie kleiner ist. Ganz klare Leseempfehlung!“
„Der schöne Mann ist tot – es ist ein erfreuliches Zeichen von Kreativität und Leben, dass so viele junge Schwule sich literarisch äußern.“ Egbert Hörmann in Siegessäule 8/2003
„…Holger Siemanns „Fräulein Michael geht aus“, der Gewinner 202, eine Erzählung um einen „mittelgesunden, mittelgroßen, mittelschlanken“ Mittelschwulen, die sich von autobiographischem Outing-Geplänkel oder zäher Einsamkeitsreflexion erfrischend absetzt.“ HTML clipboard Eurogay 3/2003