Ich wär gern eine(r) von uns

Buchpräsentation mit Holger Siemann im Theatersaal der Neuköllner Oper

Elf Autorinnen und Autoren haben die Geschichten von 14 Menschen aufgeschrieben, die in Deutschland zu Hause sind, aber in sehr unterschiedlichen Wirklichkeiten leben. Sie wollen in dieser Gesellschaft dazugehören und trotzdem „sie selbst bleiben“. Entstanden sind intensive Porträts, in denen die Vielfalt unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens sichtbar wird. Portraitiert werden u.a. zwei jugendliche Rapper libanesischer Herkunft, eine junge behinderte Frau, eine Politikerin, ein Gasableser, ein türkischer Kioskbetreiber und zwei Jugendliche ohne Berufsabschluss. Man lernt ihre Träume und Hoffnungen, Enttäuschungen und biografischen Brüche, Erwartungen und Ziele kennen. Wir erfahren von den Schwierigkeiten des täglichen Lebens, aber auch, wie man Hindernisse überwinden kann. 14 Porträts über Menschen in Deutschland, geschrieben von Tanja Dückers, Annett Gröschner, Jens Jarisch, Anton Landgraf, Nicol Ljubic, Peggy Mädler, Monika Radl, Waltraud Schwab, Holger Siemann, Judka Strittmatter und Robin Thiesmeyer. Mit Illustrationen des Berliner Street-Artist Bronco.

Ich wär gern eine(r) von uns, Dietz-Verlag 2011, 176 Seiten, ISBN 978-3801204099, Taschenbuch 19,95€

„Ich bin schon ganz schön bisschen deutsch“

Herr Masud Özgür in Berlin-Friedrichshain, 47 Jahre alt, portraitiert von Holger Siemann

Herr Özgür ist an vielen Tagen der erste Mensch, den ich am Morgen sehe: In seinem Shop steht er hinter der Kasse und beobachtet den Eingang. Er ist nicht sehr groß, aber seine Schultern sind breit wie die eines Ringers. Wenn ich ein Sandwich zum Frühstück oder ein Bier zum Schlafengehen kaufe, ruft er „schönen Tag, Sir“ oder „gute Nacht, Sir“.
Bei ihm werden die Lokalnachrichten ausgetauscht, Kinder finden Süßigkeiten ohne hinzusehen und sein „Kaffee to go“ ist für den Weg zur U-Bahn fest eingeplant. Wenn er verkauft, piept kein Barcode an der Kasse, aber er rettet Kuchenträume vor dem Platzen, Raucher und Alkoholiker vor dem Entzug und Einsame vor der Verzweiflungstat. „Unser Türke“, wie Herr Özgür allgemein heißt, ist die „Tante Emma“ der Straße.
Doch jedes Jahr kurz nach Silvester, wenn die Tage am dunkelsten, das Wetter am hässlichsten ist, bleibt der Laden zwei Wochen zu. Ich stelle mir vor, dass Herr Özgür bei Verwandten am Mittelmeer in einem türkischen Vorgarten sitzt, Feigenkuchen ißt und vom Leben in Deutschland erzählt. Dieses Buchprojekt ist ein wunderbarer Vorwand, mehr zu erfahren…. mehr als PDF

Presse

TAZ v. 5.4.2011: „Der lesenswerte Band entstand auf Initiative der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Er präsentiert 14 Lebensgeschichten aus Deutschland. … Der Name Thilo Sarrazin wird an diesem Abend nicht ein einziges Mal erwähnt.  ‚Wir haben so viel undifferenziertes Stammtischgelaber gehabt in den letzten Monaten‘, klagt Wowereit. Er hofft, dass ‚wir wieder zu einem differenzierten Blick kommen‘. Genau da setzt das Buch an: Es geht um Teilhabe des Einzelnen an der Gesellschaft. Und was diese dafür tun könnte beziehungsweise dagegen tut.“

Die Herausgeberin Franziska Richter  mit Klaus Wowereit  
nach der Veranstaltung wird noch lange diskutiert, hier mit Mustafa und  Aiman  (rechts) von ICMB