Warum wir selber schlachten

Manche Menschen finden, dass wir keine Tiere töten und essen sollten.

Rechnen wir mal durch, was passiert, wenn wir kein Schaf schlachten würden: Bei guter Ernährung und Betreuung bekommt ein Mutterschaf jedes Jahr Zwillinge. Nach einem Jahr sind die Lämmer erwachsen und selbst geschlechtsreif. Nehmen wir an, dass immer die Hälfte der Lämmer Böcke sind, dann laufen im zweiten Jahr vier Schafe auf der Weide (die beiden Elterntiere und ihre Lämmer), im dritten acht (plus 2 x Zwillinge) im vierten sechzehn…. und nach 10 Jahren wären es 1024, die zur ausreichenden Ernährung eine Fläche von etwa 100 Hektar brauchen würden.

In freier Wildbahn wären unsere Schafe nicht überlebensfähig – es gibt sie überhaupt nur weil sie für die Symbiose mit Menschen gezüchtet wurden. Ihre wilden Artgenossen, beispielsweise die Mufflons in der Uckermark, sterben an Hunger, werden vom Wolf gerissen und erliegen Krankheiten oder Parasiten, schwache Lämmer bleiben allein zurück, kranke Schafe werden ausgestoßen. Die Böcke, die beim Gerangel um die Herrschaft in der Herde unterliegen, machen sich auf den Weg ins Ungewisse – mit wenig Aussicht, in einer anderen Herde aufgenommen zu werden und einer kurzen Überlebenswahrscheinlichkeit.
Selbst wenn Schafe ihr maximales Alter von 10 bis 12 Jahren erreichen, leiden sie) an Krebs, Senilität, Blindheit, Kreislaufkrankheiten und dergleichen sattsam bekannten Plagen. Bei all diesen Fährnissen ist es kein Wunder, dass anstelle eines Mufflonpaares nach zehn Jahren… immer noch nur ein Mufflonpaar in der Landschaft steht.

Es ist nicht so, dass die Schafe ohne unser Zutun ewig, gesund und glücklich leben würden, aber wir können unseren Schafen ein schönes Leben machen.

Oft werde ich gefragt, wie ich es fertig bringe, meine Schafe selbst zu schlachten. Es gibt Nachbarn, die ihre Schafe wegbringen oder einen Schlachter kommen lassen. Aber für die Tiere sind solche Veränderungen Horror: Von fremden Händen aus der Herde gezerrt oder in lauten, wackelnden Kisten kilometerweit gefahren zu werden ist ein Elend, das ich vermeiden will und kann.

Der Tag des Schlachtens ist ein besonderer, lange vorher bestimmter und vorbereiteter Tag. Im November, wenn die Mütter ihre Lämmer vom Frühjahr wegstoßen, ist die Zeit gekommen. Die Temperaturen sind dann auch niedrig genug damit das Fleisch langsam und ohne Fliegenbefall abhängen kann. Die Wiese wächst kaum noch und der Apfeltrester vom Mosten ist aufgebraucht.
Wir sind dazu übergegangen, auf der Weide zu töten, damit die Trennung von der Herde das Schaf nicht erschreckt, siehe oben. Einer lenkt die Herde ab, der andere lädt das Bolzenschussgerät. Das Opfer bekommt noch eine Handvoll Hafer und hört den Knall nicht mehr. Keins unserer Schafe ist je in Panik und Angst gestorben.

Bei allem Respekt aber sind die Schafe dann tot und sehen nach dem Häuten, Abhängen und Zerteilen aus wie Fleisch. Das heißt nicht, dass wir sie vergessen oder die Erinnerung verdrängen. Wir schreiben ihre Namen auf die Tüten in der Eistruhe und erzählen unseren Gästen, wie das Essen auf ihrem Teller hieß. Auch diejenigen unserer Freunde, die zuerst die Gabel sinken ließen, haben sich daran gewöhnt oder fragen sogar danach.
Es ist eine Frage der Wertschätzung und Achtung, im Fleisch ein besonderes Nahrungsmittel zu sehen, das nicht jeden Tag auf den Tisch kommt. Eine Frage der Achtung ist es auch, möglichst viel vom Schaf, also auch Knochen und Innereien bis zu Fell und Hörnern zu verwenden. Nicht alles, gebe ich zu: Der Dünndarm beispielsweise, die klassische Hülle für Wiener oder Merguez, braucht Unmengen an Wasser zum Auswaschen.

Seit drei Jahren male ich unsere Schafe und zwar so, wie ich mich an sie erinnere, mit ihren Eigenheiten und Macken, in ihren Farben und Posen und ja, in ihrer Individualität. Vielleicht ist das auch ein Opferritual. Zu besichtigen in der Galerie.